Nur noch 64% – im Vorjahr waren es noch 71% – der Verbraucher können sich einen ad hoc Wechsel zu einem anderen Energieversorger vorstellen (Pressemitteilung auf Finanz.net). Die Autoren der Studie, die Unternehmensberatung Putz & Partner, führen das auf die hohe Zufriedenheit der Verbraucher mit ihrem Versorger zurück. Doch ohne die Fakten der Studie im Detail zu kennen, habe ich da meine Zweifel.
Zumindest der Wechselwille der Verbraucher – so auch meine Beobachtung bei Kunden – scheint abzunehmen. So profitierten 2014 viele Versorger von sinkenden Kündigungszahlen. Auf den ersten Blick scheint das überraschend und die Versorger wollen „dem Braten“ nicht so recht trauen. So zeigt das effektweit Vertriebsklima, dass der größere Teil der Versorger für 2015 mit steigenden Kündigerzahlen rechnet (mehr dazu in meinem nächsten Beitrag). Auf den zweiten Blick kann aber der Blick auf die Wechselgründe diesen scheinbaren Widerspruch auflösen.
Aus meiner Sicht kann der Anstieg der Zufriedenheit von 71% (2014) auf 78% nicht die – zumindest nicht die alleinige – Erklärung für die sinkende Wechselbereitschaft sein. Interessanter wird dabei schon wieder der Blick auf die Hinderungsgründe für einen Wechsel. So haben immer noch 58% der Verbraucher Sorge vor unseriösen Versorgern. So hat dieser Wert zwar abgenommen, liegt aber immer noch deutlich über dem Wert vor der Flexstrom-Insolvenz. Das spielt gerade den etablierten Versorgern – vor allem Stadtwerken – in die Karten. Doch warum gehen die Versorger dann von steigenden Kündigerzahlen aus? Aus meiner Sicht liegt das immer noch am Wechselmotiv Nummer 1: Noch immer geben 88% der Verbraucher hier den Preis an. Und beim Preis wird in 2015 wieder Bewegung in den Markt kommen. Sicher haben viele Versorger in 2014 von sinkenden Beschaffungspreisen profitiert (und den ein oder anderen Versorger wird dies auch vor der Insolvenz bewahrt haben). Dadurch konnten sich viele Versorger ein wenig Luft bei den Margen verschaffen. Da aber gerade Versorger, deren Kerngeschäft im Angriffsvertrieb liegt, nur funktionieren, wenn der Kundenstamm ausgebaut wird, müssen diese Versorger etwas gegen die sinkende Wechselbereitschaft tun. Da liegt es nahe, dass diese Versorger eher wieder auf Marge verzichten, um beim Wechselmotiv Nummer 1 der Verbraucher anzusetzen. So verwundert es nicht, dass gerade etablierte Versorger für 2015 von steigenden Kündigerzahlen ausgehen.
Schade ist allerdings, dass diese Versorger nicht auf Ihre Kompetenz bei Marketing und Vertrieb setzen. Denn während das Motiv für einen Wechsel der Preis ist, ist dieser nicht das Kriterium für die Wahl des Versorgers. Denn bei der Wahl des Versorgers spielen „der gute Ruf“ und die „Vertrauenswürdigkeit“ gefolgt von „auf Kunden zugeschnittene Tarife“ die entscheidende Rolle. Alles Punkte, die durch gute Marketing- und Vertriebsarbeit leicht beeinflusst werden können (vgl. Die Marke und Mythos USP).
[…] Auch was das Kundenverhalten betrifft, sind viele Befragte eher skeptisch. Auf allen Märkten gehen die Befragten mit einer starken Tendenz von steigenden Kündigerzahlen aus. Das überrascht ein wenig, zumal die meisten Vertriebe aktuell eher sinkende Kündigerzahlen vermelden. Ein Hinweis darauf, dass die aktuelle Situation die Marketing- und Vertrieb-Verantwortlichen nicht in Sicherheit wiegt. Eventuell lässt es sich auch damit erklären, dass die Befragten über alle Märkte eher davon ausgehen, dass die Wettbewerber die Preise senken werden. Aus Sicht der Befragten wird das vor allem dazu führen, dass die Wettbewerber ihren Onlineabsatz steigern. Doch es gibt auch Lichtblicke: So gehen die Befragten auf den Heimatmärkten tendenziell davon aus, dass die Zahl der Rückkehrer steigen wird. Außerhalb der Heimatmärkte gehen die Befragten eher von sinkenden Rückkehrerzahlen aus. Der Bedarf an Ökostrom und -gas nimmt aus Sicht der Befragten eher ab. Das deckt sich weitestgehend mit aktuellen Studien (vgl. Blogbeitrag). […]